Die photokina in Köln schließt ihre Tore – wohl für immer

Die weltgrößte Leit- und Fachmesse für Foto-, Video- und Imaging-Branche war seit 70 Jahren die photokina in Köln. Köln war das Mekka dieser Branchen und alle zwei Jahre (gerade Jahreszahlen) für viele TeilnehmerInnen der Foto und Videobranche ein Pflichttermin.

 

Die photokina hat in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, dass diese Leitmesse bis auf weiteres ausgesetzt wird und nicht mehr stattfinden wird.

 

Nach 70 Jahren Erfolgsgeschichte kommt diese Mitteilung als weiterer Baustein für den Niedergang einer einst so florierenden Branche. Für Kenner der Branchen kommt diese Entscheidung aber nicht ganz von ungefähr und lag seit einiger Zeit in der Luft. Die letzte photokina fand im Jahr 2018 statt, der Messeveranstalter vermeldete am 29. September 2018 folgende Messedaten:

  • 812 Unternehmen als Aussteller
  • davon mehr als 2/3 aus dem Ausland
  • 180.000 Besucher
  • aus 127 Ländern

Das war wohl nicht genug zum Überleben.

 

Ein Wechsel auf jährlichen Rhythmus hat die Branchen durchgewirbelt

Die photokina setzte den Puls in der Branche und die Vorstellung der Neuigkeiten wurde sehr oft auf die photokina gelegt – mehr Aufmerksamkeit durch die Presse und Facheinkäufer gab es nicht. Die photokina war der Ort, um sich über Neuigkeiten und vor allem über neue Trends in den Branchen zu informieren.

Bundesarchiv B Bild F Koeln Photokina

photokina im Jahr 1954; Bundesarchiv, B 145 Bild-F001518-0009 / Brodde / CC-BY-SA 3.0

Dann kam das Internet und die Bedeutung von Fachmagazinen und Zeitschriften brach ein und damit auch die Bindung der Produktvorstellung an den zweijährigen Termin im September auf der photokina. Das neue Produkt in der immer schneller werdenden digitalen Welt konnte nicht so lange warten bis in den kommenden September oder sogar nächstes Jahr. Die Hersteller fanden andere Kanäle als Mittler in die weltweiten Märkte.

Mit der Ablösung der analogen Fotografie durch die digitale Fotografie im Zeitraum 2003 bis 2007 fanden nur 2004 und 2006 photokina statt, und dann war die gesamte Branche einmal von Rechts auf Links gedreht. Die Märkte entwickelten sich rasanter als dies die photokina alle zwei Jahre kommunizieren konnte.

Die Veranstalter reagierten und versuchten mit leidlicher Verzögerung gegen diesen Trend zu schwimmen und planten ab 2018 eine jährliche Veranstaltung im Frühling des Jahres. Zu diesem neuen Rhythmus kam es nicht mehr. Die Covid-19 Pandemie hat wohl dazu noch den letzten Anstoß gegeben, immer mehr Aussteller konnten sich die teuren Messestände nicht mehr leisten und zogen sich zurück, um neue Wege der Kommunikation zu suchen und zu finden.

 

Die Branchen schrumpfen seit dem Höhepunkt 2010 drastisch

Gerne werden in Fachbeiträgen der dramatische Rückgang der Verkaufszahlen von 2010 bis 2020 dargestellt, diese Zahlen sind dramatisch. Zu Bedenken gilt es jedoch, dass in den Jahren 2003 bis 2007 die professionellen Fotografen weitgehend von Analog auf Digital umgestiegen sind und dies bis 2010 noch bei den Amateuren einen Nachhall gefunden hatte. Nahezu jeder Fotoapparat, viele Objektive und noch viel mehr Zubehör wurden einmal (oder mehrfach) neu beschafft und ausgetauscht.

Das war die Blütezeit des Fotohandels, aufgrund einer technologischen Revolution, welche dem Fotografen deutlich mehr Möglichkeiten und Bildqualitäten in die Hand gab.

"Das Haben will, stand im Vordergrund.
Mit einer analogen Kamera zu fotografieren ging gar nicht mehr."

Solche technologischen Revolutionen sind seit dem nicht mehr vorhanden und auch nicht in Sicht.

 

Das Smartphone schöpfte den riesigen Markt der Kompaktkameras komplett ab

Selten kommt ein Unglück alleine, es treffen oft mehrere zusammen. Für die Anwender ist das gut und interessant. Es werden heute mehr Kameras verkauft als je zuvor, nur stecken diese in Smartphones oder Drohnen und nicht mehr in klassischen Fotogehäusen. Die Fotobranchen haben diesen Megatrend nicht für sich nutzen können. So passiert heute das Fotografieren weitgehend außerhalb der Fotobranche. Der Videobranche geht es sehr ähnlich.

Die Hersteller kämpfen Jahr für Jahr mit sinkenden Absatzzahlen, gleichzeitig gibt es heute mehr parallele Kamerasysteme auf dem Markt als in der Hochphase der Systemumstellung von Analog auf Digital.

 

Der Markt ist voll mit hochwertigen Kameras und Objektiven

Ausprobieren, in die Hand nehmen und die Qualität von Kamera oder Objektiv oder Zubehör testen – das waren meist zwingende Gründe auf Fachmessen wie die photokina zu gehen.

Nicht mehr unbedingt notwendig. Warum?
  • Es gibt Alternativen zu den /zweijährigen) Zentralmessen in Form von regionalen Veranstaltungen
  • Große Händler veranstalten gerade vor Weihnachten sehr leistungsfähige Hausmessen mit Vertretern von allen relevanten Herstellern. Da sehen sehr viele regionale Messen im vergleich alt aus und nirgendwo ist die wertschöpfende Verbindung zwischen anschauen, Entscheidung treffen und gleich kaufen näher als beim Fachhändler in seinen Räumen
  • Der Kamera und Zubehörmarkt ist gesättigt. Jeder der eine moderne Kamera haben will, hat bereit seine. es gibt noch ein wenig Aufsteiger aus dem Smartphone Segment und die eine oder andere Kamera muss auch mal ersetzt werden.
  • Second Hand Markt bedient viele Wünsche der Anwender

Und schließlich gibt es keine wirklich schlechten Kameras oder Objektive mehr. Das Qualitätsniveau der Fotogeräte der letzten 10 Jahre erfüllt die Ansprüche selbst anspruchsvoller Amateure und Profis bei weitem.

Warum eine neue Kamera kaufen?

Diese einfache Frage ist immer schwieriger zu beantworten. In meinen Fotokursen kommt die Frage bei den Einsteigern immer wieder auf.

Ist meine Kamera gut genug?

Ja. es gibt eigentlich nur noch Kameras mit deren Bedienung man gut oder weniger gut zu recht kommt.

 

Die Veränderung bei der photokina kommt nicht aus der Luft gegriffen

Viele andere Messen, ja ebenso Leitmessen mit Weltrang kämpfen ebenso um die eigene Zukunft.

  • Die CeBIT
  • Die Hannover Messe
  • Die ILA
  • Die IAA

Wir werden sehen wo die Reise mit den Fachmessen hin gehen wird.

 

Mehr zur Pressemitteilung der koelnmesse AG.

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