Fotografien mit dem UAS/Drohne sind durch Panoramafreiheit abgedeckt

Neues Urteil mit weitreichenden Auswirkungen auf die Art wie wir Fotografieren werden

In Deutschland ist im Vergleich zum Ausland vieles besser, sogar im Vergleich mit unseren europäischen Nachbarstaaten. Mit der Fotokamera über eine Straße zu gehen und schöne Motive zu fotografieren ist das natürlichste auf der Welt – so scheint es.

Das wir als Fotografen auch dürfen ist wahrlich nicht selbstverständlich. Wir genießen dabei den rechtlichen Schutz des deutschen Urheberschutz-Gesetzes UrhG. Neben vielen Paragraphen ist dort die Panoramafreiheit (respektive Straßenbildfreiheit) in §59 UrhG geregelt:

UrhG § 59 Werke an öffentlichen Plätzen
(1) Zulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen
    oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild
    oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben.
    Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht.
(2) Die Vervielfältigungen dürfen nicht an einem Bauwerk vorgenommen werden.

Die Panoramafreiheit schränkt den Urheberschutz in Deutschland ein. Es ist allen Menschen damit ermöglicht, auch urheberrechtlich geschützte Werke:

  • welche von öffentlichen Wegen/Plätzen aus zu sehen sind,
  • auch bildlich (fotografisch) wiederzugeben,
  • sofern dazu keine technischen Hilfsmittel (z.B. Leiter, Trittstufen, …) verwendet werden.

Dazu ist vom Urheber des Werkes

  • keine Erlaubnis (im Vorfeld),
  • oder eine Genehmigung (Nachträglich)

erforderlich. Andere rechtliche Gesichtspunkte, wie das Hausrecht, oder Persönlichkeitsrechte oder Datenschutzgründe sind zusätzlich zu bewerten.

Davon betroffene Werke sind in der üblichen fotografischen Praxis

  • Architektur von Gebäuden,
  • Kunstwerke und Kunst am Bau,
  • Kunst im öffentlichen Raum, z.B. Skulpturen, Plakate,
Wie immer hat jede rechtliche Würdigung noch sehr viel mehr Details, auf die möchte ich hier nicht eingehen.

 

Landgericht Frankfurt a.M. entscheidet in einem Urteil über die Panoramafreiheit im Zusammenhang mit Drohnenfotos

In der Anwendung der obigen Panoramafreiheit auf die Luftbildfotografie mit Drohnen, ist es zweifelhaft, ob die Drohnenfotografie unter dieser Panoramafreiheit fällt. Die Drohne ist sicherlich unzweifelhaft ein technisches Hilfsmittel und ermöglicht den Blick auf ein urheberrechtlich geschütztes Werk (in diesem konkreten Fall eine Brücke) aus Perspektiven, die dem öffentlichen Raum nicht zugänglich ist.

Das Landgericht sieht im Urteil das anders.
(LG Frankfurt am Main, Urt. v. 25.11.2020, Az. 2-06 O 136/20)

 

Auszug aus der Pressemitteilung des Rechtsanwalts

(des Fotografen vor dem LG Frankfurt a.M.)

Carl Christian Müller
Mueller.legal Rechtsanwälte Partnerschaft
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Telefon: 030.206 436 810
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Internet: mueller.legal

LG Frankfurt: Luftbildfotografien sind keine Urheberrechtsverletzung

Nachdem außergerichtlich keine Lösung gefunden werden konnte, klagte das Ingenieurbüro vor dem LG Frankfurt und beantragte, den Fotografen zur Zahlung von Schadensersatz und der Erstattung der Anwaltskosten zu verurteilen. Insgesamt betrugen die Forderungen gegen den Fotografen über 6.000 EUR. Das Landgericht wies die Klage ab. Die Frage, ob die Lahntalbrücke als Bauwerk Urheberschutz beanspruchen kann, sprachen die Richter erst gar nicht an. Jedenfalls, so das Gericht, liege keine Urheberrechtsverletzung vor, da die Aufnahme und das Veröffentlichen der Drohnen-Fotos unter die urheberrechtliche Panoramafreiheit des § 59 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) falle. Die Panoramafreiheit erlaubt es, Lichtbilder von urheberrechtlich geschützten Werken, die sich dauerhaft im öffentlichen Raum befinden, zu fotografieren und die Bilder anschließend zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben sowie gewerblich auszuwerten.

 

Standort des Werkes maßgeblich – nicht der Blickwinkel

Die Frankfurter Urheberrechtskammer betont in den Urteilsgründen, der bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu § 59 UrhG nicht folgen zu wollen. Die Ansicht, nach der Luftbildaufnahmen von Gebäuden nicht unter die Panoramafreiheit fielen, sei überkommen – so das Gericht wörtlich. Vielmehr sei § 59 UrhG europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass Luftbildaufnahmen sowie der Einsatz von Hilfsmitteln von der Panoramafreiheit gedeckt sei. Ausschlaggebend sei alleine, dass das Werk an einem öffentlichen Ort stehe und nicht, wie und aus welchem Blickwinkel es aufgenommen werde.

 

LG Frankfurt: Luftraum ist der Allgemeinheit frei zugänglich

„Wir begrüßen das Urteil des LG Frankfurt, gleich wenn es aus unserer Sicht im Ergebnis keine Abkehr der bisherigen Rechtsprechung des BGH, sondern vielmehr deren konsequente Fortschreibung ist“, so Rechtsanwalt Carl Christian Müller, der den Fotografen in dem Verfahren vertreten hatte. „Wir hatten uns insofern auf das AIDA-Urteil des BGH berufen.“, so Müller weiter. Hier hatte ein Fotograf den auf den Bug des Kreuzfahrtschiffes AIDA gemalten Kussmund fotografiert und auf Postkarten abgedruckt (BGH, Urt. v. 27.4.2017, Az. I ZR 247/15). Der BGH hatte dazu entschieden, dass der Kussmund zwar Urheberschutz beanspruchen, dessen Vervielfältigung und Vertrieb über Postkarten aber unter die Panoramafreiheit fällt. Die Nennung von „Wegen, Straßen oder Plätzen“ in § 59 UrhG sei lediglich beispielhaft, so der BGH. Insofern seien auch die mit einem Wasserfahrzeug befahrbaren Seewasserstraßen als öffentlicher Ort anzusehen. „Für uns war nicht erkennbar, warum Fotografien, die von einem Boot aus gefertigt werden unter die Panoramafreiheit fallen sollen, dies für Drohnen-Fotografien aber nicht gelten soll, denn wie die Wasserstraßen ist auch der Luftraum ist für jedermann frei zugänglich (§ 1 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz). Dass Drohnenfliegen grundsätzlich erlaubnispflichtig ist, kann daran nichts ändern, denn dies gilt grundsätzlich auch für Wasserfahrzeuge“, so Rechtsanwalt Müller.

 

Schranken des Urheberrechts sind im Lichte der Grundrechte auszulegen

Rechtsanwalt Müller führt abschließend aus: „Das Urteil ist überzeugend begründet. Erfreulich ist der Hinweis des Gerichts, dass es keinen Rechtssatz gibt, nach der Ausnahmevorschriften stets restriktiv, sondern vielmehr nach deren Sinn und Zweck auszulegen sind. Insofern ist hierin in der Tat eine Abkehr von der tendenziell strengen und eher rechteinhaberfreundlichen deutschen Rechtsprechung zu sehen. Das Urteil steht insofern im Einklang mit der jüngeren Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung der urheberrechtlichen Schrankenbestimmung, nach der in der Informationsgesellschaft die Schranken des Urheberrechts im Lichte der Grundrechte, hier insbesondere der Meinungsfreiheit, der Kunstfreiheit und der Informationsfreiheit auszulegen sind. Zustimmung verdient die Erwägung des Landgerichts Frankfurt, dass § 59 UrhG ein Einfallstor für Abmahnungen biete, wolle man bei der bisherigen restriktiven Rechtsprechung bleiben – zumal das Urheberrecht insofern nicht zwischen privater und gewerblicher Nutzung unterscheidet.“ so Müller abschließend.

Drohnen-Fotografien von urheberrechtlich geschützten Werken fallen unter die Panoramafreiheit – Mueller.legal – Rechtsanwälte

 

Kontakt
Carl Christian Müller
Mueller.legal Rechtsanwälte Partnerschaft
Mauerstr. 66, 10117 Berlin,
Telefon: 030.206 436 810, Telefax: 030.206 436 811
E-Mail: info@mueller.legal, Internet: mueller.legal

 

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