Was ist eine Wechselkröte und warum in Schleißheim? Naturkundliche Flugplatzwanderung

Unmittelbar südlich vom Flugplatz Schleißheim hat die Gemeinde Oberschleißheim zusammen mit der lokalen Agenda 21 – NATUR ein ganz besonderes Biotop auf der Münchener Schotterebene eingerichtet, einen Teich für die Wechselkröte. In dieser Flugplatzwanderung wollen wir für die 15 TeilnehmerInnen den Lebensraum dieses ganz speziellen Bewohners der Schotterflächen nördlich von München „erwandern“ und erschließen.

 

Was hat das Umfeld des Flugplatzes mit Natur und Biotop zu tun?

Wenn ich mich mit dem Vorstand des Flugplatzes unterhalte, dann könnte man den Eindruck gewinnen, dass Flugplatz und Natur wahre Gegensätze sind, hat der Vorstand doch massive Angst von den kleinen Wechselkröten in der Nähe seines Flugplatzes.

Dass dem nicht so ist, will ich zusammen mit Arnold Tallavania (lokale Agenda21 Oberschleißheim – Projektgruppe NATUR) vermitteln und aufzeigen. Der Flugplatz Schleißheim alleine könnte sich dem Entwicklungsdruck im Speckgürtel von München alleine ohne den europäischen Naturschutz nicht widersetzen.

Unsere Gruppe mit 15 TeilnehemrInnen wird auch gleich von zwei Libellen ganz intensiv begrüßt – ein Blauer Pfeil – eine sehr schöne und ganz markante Libelle.

Flugplätze sind immer ganz besondere Biotope, alleine durch die deutlich reduzierte Nutzungsmöglichkeit und die Beschränkungen zum Betreten durch uns Menschen. Ähnliches findet man auch auf Truppenübungsplätzen und Standortübungsplätzen der Bundeswehr. Weniger Nutzung bedeutet mehr Entfaltungsmöglichkeiten und mehr biologische Nischen für für Flora und Fauna. Das Gelände des Flugplatz Schleißheim steht unter europäischem Naturschutz NATURA2000 als Flora-Fauna-Habitat Fläche (FFH-Gebiet).

Das ist gut so - für die Natur und noch mehr für den Flugplatz.

Die militärischen Übungsgebiete liegen nur jenseits der A99, ich selbst war als Panzergrenadier auf diesen Flächen mit meinem LKW unterwegs. Die Fröttmanninger Heide, das Mallertshofer Holz war unser Klassenzimmer als Panzergrenadier.

Die letzte Wanderung zur Wechselkröte war noch vor der Pandemie, damals konnten wir im Tümpel auch Kröten entdecken. Jetzt finden wir eine sehr aktive Population von Kaulquappen, die alle in die selbe Richtung schwimmen und sich so im Gegenuhrzeigersinn im Tümpel synchronisiert drehen.

 

Warum ist die Wechselkröte gerade hier angesiedelt?

Die Gebiete nördlich von München sind weitgehend Teil der Münchener Schotterebene, also einer hier bis zu 5m mächtigen Schotterauflage als Überbleibsel der Eiszeiten. Die Flora-bildende Humusschicht ist oft nur einen cm mächtig. Es herrscht auf den Freifläche ein Kalk-Magerrasen vor, der deutlich weniger wächst als normaler Rasen, da die Flora mit viel weniger Wasser und noch viel weniger Nährstoffen auskommen muss. Niederschläge versickern unmittelbar in der offenporigen Schotterfläche und ist biologisch kaum wirksam. Es wächst alles weniger, langsamen und spärlicher – typische Heideflächen.

In unmittelbarer Nähe sind/waren hier Standortübungsplätze unterschiedlicher Militärs seit 200 Jahren. Immer schwerere Fahrzeuge, Kettenfahrzeuge und anderes Großgerät hinterlässt in der Schotterebene Fahrrinne, kleine Tümpel und dazu den ganz feinen Abrieb der Schottersteine beim Überfahren. Dieser sammelt sich in der Pfützen und dichtet die Hohlräume der Schottersteine ab, Pfützen entstehen und bleiben einige Wochen stehen.

Darum ist die Wechselkröte hier, da der Standort hier ein ideales Zusammentreffen der Standortfaktoren ermöglicht. Die Aktion der Gemeinde mit der lokalen Agenda 21 Oberschleißheim hat das Ziel, solche Biotope zu vernetzen, so dass ein Austausch der Population zwischen den Biotopen unterstützt wird. Eine Wechselkröte wird nicht die A99 überqueren können, aber mit anderen Biotopen sich vernetzen können.

 

Was ist die Wechselkröte?

Die Wechselkröte hat sich auf genau dieses Habitat spezialisiert. Das regelmäßige Austrocknen der Pfützen sorgt dafür, dass keine natürlichen Feinde wie Larven, Fische darin sein können. Eine Zeitspanne von 4-6 Wochen genügt um eine Brut erfolgreich entwickeln zu können.

Die Wechselkröte wechselt die Lebensräume zwischen den Wasserflächen, zwischen halbschattigen Waldgebieten und reich strukturierten Übergangsbereichen und wandert dabei Strecken von bis zu 10 km- eine tolle Leistung auf der Suche nach dem nächsten Lebensraum oder einem Partner.

 

Naturschutz hat auch etwas mit Verantwortung zu tun

In den gemeinsamen naturkundlichen Flugplatzwanderungen zeigen wir das Wechselspiel zwischen der Nutzung der Landschaft und den Zusammenhängen in Flora und Fauna gerade dieser abwechslungsreichen Landschaft. bestehend aus Niedermooren, Heideflächen und Schotterebene. Gerade Familien und Kinder sind sehr interessiert an dem Leben der Tiere und der Zusammenhänge dazu. Sich dies ab und zu mal bewusst zu werden, tut jedem gut – auch den Piloten und Vorständen am Flugplatz Schleißheim.

 

Schotterflächen außerhalb des Flugplatzes wurden von 1944 bis 1945 sehr intensiv vom Flugplatz genutzt

Die Nutzung dieser Schotterflächen erstreckte sich in den letzten Kriegsmonaten auch und gerade hier am Ort des Teichs. Die breiten Wege nach Süden führten alle in vorbereitete Waldstellungen, zum Unterstellen der Flugzeuge außerhalb des Flugplatzes um nächtlichen Tiefflieger Angriffen zu entgehen. Diese Spuren in der Landschaft erwandern wir uns und entdecken nahezu kreisrunde Erdwälle mitten im Wald.

Durch diese künstlichen Inseln im dichten Wald, sind neue Waldränder entstanden und die Flora und Fauna kann sich an diesen Rändern anders und oft besser entwickeln als in den aufgeforsteten Monokulturen. Anscheinend waren diese künstlichen Wallanlagen außerhalb des Flugplatzes niemals so störend, dass man sie hätte entfernen wollen. Innerhalb des Flugplatz Gebietes haben diese Wälle und die Inseln im Wald nicht mehr überlebt und sind in den 75 Jahren entfernt worden.