
Ein durchschossener Brustpanzer und Kavallerieausrüstung liegt zu Boden – kein Schlachtfeld, sondern die Vorbereitung des Vortrags von Dr. Marcus Junkelmann.
Ein Beitrag von Henry Ertner
Dr. Marcus Junkelmann ist ein herausragender Historiker und Experimental-Archäologe gleich in mehreren Zeitepochen der europäischen Geschichte. Dr. Junkelmann macht es ja nicht mit dem kleinen unbedeutenden Bayern alleine – nein – alle seine Spezialgebiete haben immer mindestens eine bedeutende europäische Geschichte. An diesem Abend hält er seinen Teufelsritt durch die Jahrhunderte kurz zu Beginn des 17. Jahrhunderts an. Europa droht in den ersten großen europäischen Krieg hineinzuschlittern. Der Dreißigjährige Krieg (1618 – 1648) steht Europa bevor.

Dr. Marcus Junkelmann wird heute assistiert von Karl und Ludwig. Beobachtet von Henry.
Doch hören Sie nun selbst. Ich habe meinen Gesandten – Henry Ertner aus Prag – in das Heerlager zu Dr. Marcus Junkelmann entsandt.

Historische Waffentechnik ist erst dann historisch korrekt, wenn Dr. Marcus Junkelmann es selbst ausprobiert und exerziert hat. So kennt es alle Ausrüstungsteile bis ins Detail.
Wie die Pappenheimer Geschichte am Weißen Berg schrieben
Wie die Pappenheimer am Weißen Berg Geschichte schrieben und wie Dr. Marcus Junkelmann sie mit Waffen, Funkenflug und Leidenschaft lebendig machte. Es entstand eine Reise durch die Geschichte, die in den Worten und Gesten von Dr. Marcus Junkelmann eine Intensität gewann, wie sie sonst selten erfahrbar ist.

Sein Kamerad Ludwig zeigt die Rüstungsteile der Kavallerie als lebendiges Anschauungsobjekt – so arbeitet Dr. Marcus Junkelmann für eine wirkliche experimentelle Archäologie in der Geschichtsforschung.
Gelebte Geschichte statt trockener Theorie
Die Veranstaltung, getragen von der traditionsreichen Schwadron der Pappenheimer zu München, führte in eine Epoche zurück, die für die europäische Geschichte entscheidend war, in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648). Am 8. November 1620, in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag, trafen die böhmischen Stände auf die vereinten Heere der Kaiserlichen und der Katholischen Liga. Gerade die Reitertruppen unter dem Kommando von Gottfried Heinrich Graf zu Pappenheim trugen wesentlich zum Sieg der Liga bei.

Dr. Marcus Junkelmann versteht es, diese Epoche nicht nur zu beschreiben, sondern sie wahrlich aufleben zu lassen. Er demonstrierte Waffen, als hantiere er im täglichen Waffendrill mit ihnen, zeigte Rüstungen und Ausrüstungen, die ihm auch noch meistens passen, ließ den Funkenflug von Schwarzpulver mehr als nur erahnen. Es war ein Abend, an dem man Geschichte nicht nur hörte, sondern roch und fast berühren konnte. Ein zentraler Satz seines Vortrags war:
„Die Reiterei war der mobile Teil. Gewöhnlich der schlachtentscheidende Teil.“ Dr. Junkelmann
Mit dieser knappen Formulierung macht Dr. Junkelmann klar, weshalb die Reiterei in der Taktik jener Zeit unverzichtbar war. Die Infanterie bildete ein starres Zentrum, doch die eigentliche Entscheidung brachte fast immer die Reiterei, durch Flankenbewegungen, durch Schockangriffe, durch das Ausschalten der gegnerischen Kavallerie – durch ihre Beweglichkeit und Schnelligkeit auf dem Schlachtfeld.

Wie mit Links zeigt Dr. Junkelmann die Verteidigung der Kavallerie in der Meute der Infanterie. Wie selbstverständlich hantiert der 76-jährige mit den Originalwaffen.
Die Grenzen der kavalleristischen Caracolla
Ein weiteres Thema war die berühmte Caracolla – ein damals neu entwickeltes . Dr. Junkelmann erläuterte sie so:
„Die sogenannte … gegen Infanterie konnte dieses Zermürben durch ein Dauerfeuer durchaus wirkungsvoll sein. Gegen Reiterei wird das nicht sehr empfehlenswert. Weil wenn der Gegner nicht gewartet, sondern einfach drauflosgegangen ist, war das meistens mit dem Karakolieren sehr schnell zu Ende.“
Dr. Junkelmann

Zwei Experten für historische Schusswaffen erklären die damalige Waffentechnik mit Pistolen – eine typische Ausstattung der Kavallerie für das Caracollieren.
Diese Einschätzung zeigte, wie rasch sich eine scheinbar überlegte Taktik ins Gegenteil verkehren konnte, wenn der Gegner aggressiv genug vorging.
„Schussfreie Brustplatten“ Schutz mit Preis
Auch die Materialkunde blieb nicht theoretisch, sondern wurde anschaulich erklärt. Dr. Junkelmann führte eine schwere Panzerung vor und bemerkte:
„Wenn einer auf Nummer sicher gehen wollte, hat er sich eine schussfreie Brustplatte zugelegt.“ Dr. Junkelmann
Er erklärt, wie diese bis zu sieben Millimeter starken Panzerplatten Musketen-Schüsse abhalten konnten, allerdings auf Kosten eines enormen Gewichts von rund sieben Kilogramm nur für das Bruststück. Der Reiter musste ständig den Kompromiss zwischen Schutz und Beweglichkeit finden.

So vermittelt Dr. Marcus Junkelmann seine wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Praxis und der Anwendung.
Historische Bedeutung der Pappenheimer am Weißen Berg
Die Schlacht am Weißen Berg war eine der frühesten und folgenreichsten Entscheidungen des Dreißigjährigen Krieges. Sie dauerte nur wenige Stunden, führte aber zum Zusammenbruch des böhmischen Widerstandes und zur Festigung der kaiserlichen Macht. Graf Pappenheim führte seine Kürassiere in dieser Schlacht und spielte eine Schlüsselrolle. Schwer verwundet, aber ungebrochen, trugen seine Reiter entscheidend zum Sieg bei. Dass die Münchner Gesellschaft der Pappenheimer ihren Namen wählte, ist daher kein Zufall. Sie knüpft bewusst an diese historische Leistung an.

Jetzt bekommt Karl weitere kavalleristische Ausrüstung von Ludwig an den Laib gelegt.
Die Schwadron der Pappenheimer von 1857 bis heute
Der Männerbund der Pappenheimer in München wurde 1857 gegründet, in einer Zeit, in der historische Erinnerung, Vereinswesen und Traditionspflege einen neuen Höhepunkt erlebten. Der Name „Pappenheimer“ stand seit Schillers „Wallenstein“ ohnehin für Treue und militärische Schlagkraft. Doch der Bezug zum historischen General und zu seiner Rolle am Weißen Berg machte den Namen besonders aussagekräftig.

Die tschechische Sicht „Zeit der Finsternis“ und das lange Nachwirken bis 1945
Während der Weiße Berg in der deutschen Erinnerung vor allem als militärische Entscheidungsschlacht des Dreißigjährigen Krieges erscheint, wurde er in der tschechischen Geschichtskultur zu einem Symbol des Verlusts nationaler Freiheit. Mit der Niederlage begann die Herrschaft der Habsburger über Böhmen, die in der tschechischen Historiografie des 19. und 20. Jahrhunderts oft als „Zeit der Finsternis“ bezeichnet wird.

Da meint Dr. Marcus Junkelmann mit Vortrag, anschaulich und ich habe es ihnen erklärt.
Die Nachwirkungen reichten weiter, der Sieg der katholischen Liga und die erzwungene Rekatholisierung galten vielen Tschechen als Beginn einer Kette von Fremdherrschaften, Habsburger, dann deutsche Besatzung, die erst im 20. Jahrhundert ihr bitteres Ende fand. Nach 1945 wurde der Weiße Berg in der tschechischen Erinnerungskultur mit der Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung symbolisch verknüpft, als späte Konsequenz eines jahrhundertelangen Spannungsverhältnisses zwischen Böhmen und seinen deutschsprachigen Eliten.

Jetzt ist Karl in seiner Ausrüstung als Kavallerist im Dreissigjährigen Krieg vollständig ausgerüstet und eingekleidet.
Persönliche Nachklänge (Henry Ertner)
Für mich persönlich war dieser Abend mehr als eine Veranstaltung. Er war ein lebendiges Stück europäischer Geschichte, eine Begegnung mit einer Epoche, die weit über militärische Details hinausweist. Es war das Spüren einer Vergangenheit, die bis heute in Mitteleuropa nachhallt. Ohne die Einladung und das Vertrauen von Paul Eschbach wäre mir dieses Erlebnis entgangen.
Am Ende blieb mir nur, Danke zu sagen, für die Freundschaft, für das Vertrauen, und für den Zugang zu einer Geschichte, die im Pulverdampf, im Klang der Worte und in der leuchtenden Leidenschaft von Dr. Marcus Junkelmann für einen Abend wieder ganz gegenwärtig wurde.