daHOME Freising: FLUGWERFT SCHLEISSHEIM – Geschichte eines einzigartigen Luftfahrtmuseums

Ein Beitrag von Kristina Funk, alle Fotos von Paul Eschbach

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Flugwerft Schleißheim (in Oberschleißheim) – Geschichte eines einzigartigen Luftfahrtmuseums

Hintergrund-Information von Paul Eschbach: Die Flugwerft Schleißheim ist Teil des größten Technikmuseums der Welt – dem Deutschen Museum, mit der Hauptstelle auf der Museumsinsel in München. Seit dem Jahr 1992 ist hier eine Außenstelle der Abteilung für Luft- und Raumfahrt in den historischen Räumen und dem Gebäude der Flugwerft Schleißheim aus den Jahren 1912-1913 (Kommandantur) und 1917-1919 (Neue Werft) am Flugplatz Schleißheim eröffnet. Dieser ist die Wiege der militärischen Fliegerei in Bayern und wurde am 1. April 1912 als erster Flugplatz in Bayern gegründet, Er ist damit inzwischen einer der beiden ältesten Flugplätze in Deutschland, die seit eben diesem Gründungsdatum ununterbrochen sich in Betrieb befinden.

Damit ist der Flugplatz Schleißheim:

  • der älteste Flugplatz in Bayern,
  • einer der ältesten Flugplätze in Deutschland,
  • die sich ohne Unterbrechung im Betrieb befunden haben.

Auch in Europa ist kein älterer Flugplatz überliefert.

 

Doppelseite und Aufmacherbild in daHOME 6/2025 zum Beitrag: „Der Flamingo fliegt noch“

Die Geschichte beginnt nicht in der Luft, sondern am Boden – mit einer guten Flasche Rotwein und einer Tür, die sich nur für einen kurzen Moment öffnete. Der Verein zur Erhaltung der historischen Flugwerft e. V. (Der Werftverein e.V.) kämpfte in den 1980er-Jahren gegen den drohenden Abriss einer Halle, die für viele nur eine Ruine war, aber für Kenner ein unersetzbares Denkmal deutscher Luftfahrtgeschichte bedeutete. In ihrer Not wandten sich die Vereinsmitglieder an eine Sekretärin – eine Oberschleißheimerin, wie es hieß – im Büro des damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß. Ihre Antwort war legendär:

„Stellt mir alles zusammen 
– und ich sorge dafür, 
dass euer Anliegen mit 
einer guten Flasche Wein 
in einem günstigen Moment 
auf seinem Schreibtisch 
landet.“

Was davon Mär und was Wirklichkeit war, ließe sich heute nicht mehr eindeutig bestimmen, erzählt Paul Eschbach, der sich seit Jahren mit der Geschichte des Flugplatzes Schleißheim beschäftigt.
Dennoch: Am nächsten Tag hatte der bayerische Finanzminister einen Ad-hoc-Termin beim Ministerpräsidenten. Der Rest ist Geschichte – die Halle wurde nicht abgerissen, sondern zur Keimzelle eines einzigartigen Museumsensembles: der Flugwerft Schleißheim.

 

PAUL ESCHBACH – DER MANN MIT DER KAMERA

Mittendrin in dieser Geschichte ist Paul Eschbach. 1986 war er Maschinenbau-Student und wusste beim ersten Blick auf die Flugwerft: „Hier will ich bleiben!“ Heute gehört er fast zum  Inventar, geht auf dem Gelände der Flugwerft ein und aus – nicht als Pilot, nicht als Techniker, sondern als Fotograf, leidenschaftlicher Luftfahrtenthusiast und Autor mehrerer Bücher,
zuletzt eines über den legendären BFW/UDET Flamingo U12.
Eschbach kennt jede Schraube, jede Geschichte, jeden Windstoß, der über das Flugfeld weht. Doch er fliegt nicht selbst – „Fliegen bedeutet Übung“, sagt er nüchtern. Und außerdem: „Fotografieren und Fliegen – das geht nicht zusammen.“ Jahrelang hatte Eschbach daher „seinen“Piloten auf der Flugwerft„, der mit ihm zusammen regelmäßig in die Luft ging.

 

 

FLAMINGO U12 – DOPPELDECKER, FILMSTAR, KUNSTFLIEGERIN

Im Zentrum vieler seiner Arbeiten steht ein Flugzeug, das so elegant wie besonders ist: Der UDET Flamingo U12. Dieser wurde 1925 von Ernst Udet dem größten deutschen Jagdflieger, der den Ersten Weltkrieg überlebt hatte, bei den Udet Flugzeugwerken GmbH gebaut. Udet erkannte früh den aufkeimenden Bedarf an zivilen Schulflugzeugen und baute den Flamingo U12 als agilen, robusten und kunstflugtauglichen Doppeldecker. „Er hat seine ganze fliegerische Erfahrung in dieses Flugzeug gesteckt“, sagt Eschbach.

Sein technisches Herzstück: Ein einzelner I-Stiel verbindet die obere mit der unteren Tragfläche – anders als bei Vorgängermodellen, die mit mehreren festen Verstrebungen arbeiteten.

Der Vorteil: weniger Luftverwirbelungen, weniger Luftwiderstand – und durch die verstellbaren Feststellschrauben ließ sich der Steg individuell anpassen. „Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass Ernst Udet selbst an den Schrauben drehte, bevor er zu einem seiner Kunstflüge startete“, meint Eschbach schmunzelnd.

Und tatsächlich – der Flamingo bewährte sich nicht nur durch seine guten Langsamflug-eigenschaften, sondern auch durch seine Wendigkeit am Himmel. Dass wir heute so genau wissen, wie der Flamingo aufgebaut war, ist einem Fund zu verdanken: Eschbach fand einen Bestellschein der ÖLAG über genau einen UDET Flamingo U12.

 

 

 

BfW/Udet U12 „Flamingo“ für 22.000 Reichsmark

Für 22.000 Reichsmark sollte er geliefert werden – inklusive einer detaillierten technischen Beschreibung mit Maßen und Bildern.

Das Datum: 30. Oktober 1929

mitten in der Weltwirtschaftskrise. „Ich gehe davon aus, dass die Maschine so nie ausgeliefert wurde“,
sagt Eschbach. Schon früh erkannte Udet das Potenzial für zivile Schulungen: 1925/26 entstanden die
ersten Verkehrsflugschulen – ähnlich der heutigen Fahrschulen. Doch nicht alle überlebten lange: Viele scheiterten an fehlender Infrastruktur. Umso bedeutender war die Außenstelle der Deutschen Verkehrsflugschule (DVS) in Schleißheim – nicht zuletzt wegen der Nähe zu Ramersdorf, wo die Udet-Flugzeuge gefertigt wurden. So war es ein kurzer Transportweg: Die Flugzeuge wurden auf der Straße nach Schleißheim gebracht – und dort von Werkspiloten eingeflogen. Große Bekanntheit erlangte der Flamingo U12 schließlich auch im Kino: Im Film „Quax, der Bruchpilot“ mit Heinz Rühmann spielte er eine Hauptrolle. Rühmann, selbst Pilot, flog einige Szenen kurzerhand selbst, nachdem sein Stuntman ausfiel. Gedreht wurde in Kempten und Durach – Schleißheim bleibt als Drehort unbestätigt.

 

EIN NEUER FL AMINGO FÜR EIN ALTES MUSEUM

2004 wurde nach Originalzeichnungen und mit viel Herzblut ein Flamingo U12 repliziert – angepasst an heutige Anforderungen, denn eine Bremse oder Aviation etwa sucht man beim Original vergebens. Diese Maschine ist bis heute im Einsatz – als Teil des fliegenden Deutschen Museums. Die Flugzeit: etwa 1,3 Stunden. „Wenn man da bei Wind und Wetter draußen sitzt, ist man froh über jede Landung“, sagt Eschbach lachend.

 

EIN ORT MIT SEELE – DIE FLUGWERF T SCHLEISSHEIM

Der Flugplatz selbst ist ein Denkmal – 1912 eröffnet, gibt es keinen älteren durchgehend aktiven Flugplatz in Deutschland. Das Flughafengebäude ist wohl das älteste der Welt, vermutet Eschbach. Man erkennt noch heute Vieles von einst: Die Gebäudeachsen sind erhalten geblieben, die Oberlichter, die das Arbeiten in einer Zeit ohne durchgehende Stromversorgung möglich gemacht haben, findet man auch heute noch an denselben Stellen und die Dachkonstruktion ist ebenfalls erhalten geblieben – ein Meisterstück damaliger und heutiger Architekturkunst.

Heute werden Gebäude und Platz durch das Deutsche Museum betreut, das seine Luftfahrthalle von der übervollen Museumsinsel in München auslagerte. Besucher können hier nicht nur durch Ausstellungen wandeln, sondern auch den Restauratoren über die Schulter blicken. Da der Flugplatz nach wie vor in Betrieb ist, können sowohl die Exponate als auch die Gäste das Museum aus der Luft ansteuern.

 

 

 

 

 

SCHLEISSHEIM BLEIBT – TROTZ ALLER HÜRDEN

Flugshows, Sonderausstellungen, regelmäßige Flugplatzwanderungen – bis vor rund 20 Jahren herrschte reger Betrieb auf und um das Gelände. Doch der Betrieb und die Erhaltung alter Maschinen wird aufwendiger, Nachwuchs fehlt. „Aber Schleißheim wird bestehen bleiben“, sagt Eschbach überzeugt. „Es gibt keinen besseren Ort, um München anzufliegen.“ Und auch die Fluplatzwanderungen möchte Eschbach wieder aufnehmen.

Und so steht dieser Ort für vieles: für Geschichte, für Technik, für Menschen mit Visionen – und für das, was passiert, wenn Leidenschaft auf den richtigen Moment trifft.

 

Das Buch zum BfW/Udet U12 „Flamingo“ von Paul Eschbach

Im April 2025 jährte sich der Erstflug dieses für die beginnende Zivilluftfahrt und für Schleißheim so prägenden Flugzeugs ebenda auf dem Flugplatz Schleißheim mit all seiner Bedeutung und seiner Geschichte zum 100. Male. Für das Team rund um den „Flamingo“ ein guter Grund und ebenso günstiger Anlass, diesem Ereignis ein Festbuch zu widmen.

Über viele Jahre hinweg hat der Dachauer Fotograf Paul Eschbach auch den Schleißheimer „Flamingo„auf die Flugplatzfeste in Oberbayern hin begleitet und fleißig im Einsatz in der Luft als Botschafter der Fliegerei mit Leidenschaft fotografiert. Stets war der „Flamingo“ einer der Stars der Veranstaltung. Höhepunkt war das Flugplatzfest der DASSU (Deutschen Alpensegelflugschule Unterwössen) in Unterwössen. Der Flamingo flog zwischen den steilen Hängen der Alpen, es entstanden beeindruckende Flugbilder dieser Ikone der Luftfahrtgeschichte.

Zusammen mit dem Piloten des „FlamingoNorbert Alt ist ein mit vielen Fakten und historischen Materialien angereicherter Bildband entstanden. Norbert Alt hat den „Flamingo“ bei seinem Erstflug 2004 geflogen und davor bereits den Wasserkuppen-Flamingo geflogen.

Das Buch ist im DELTA IMAGE-Eigenverlag von Paul Eschbach erschienen und ist im Online-Shop zu bestellen.

 

 

Das Buch zur Flugwerft Schleißheim

Ebenso von Paul Eschbach ist ein Buch zur Geschichte der Flugwerft Schleißheim selbst entstanden. 110 Jahre Luftfahrtgeschichte in viel bislang unveröffentlichtem Bildmaterial, mit umfangreichen Erläuterungen und Bildbeschreibungen, erzählt die Geschichte aus den verschiedensten Epochen der Lzftfahrt am Flugplatz Schleißheim.

Das Buch ist im DELTA IMAGE-Eigenverlag von Paul Eschbach erschienen und ist im Online-Shop zu bestellen. Das Buch ist als Taschenbuch und als gebundene Ausgabe – mit jeweils dem gleichen Inhalten erschienen.

 

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