Landschaftsfotografie – Nahbereich – Makro – Micro

Die Natur hält an jedem Tag für jeden von uns tausende Überraschungen und ebensoviele Rätsel bereit, wir machen uns nur oft nicht einmal die Mühe, sie sehen zu wollen. Jenseits der von uns wahrgenommenen Welt, die uns umgibt, steckt die Natur voller Überraschungen in den unzähligen Details. Wir betrachten die Welt meist nur aus einer normalen Entfernung und Perspektive heraus – ich nenne sie einmal:

 

Ist das schon ein volles Bildnis von unserer Welt und unserer Natur?

„Normale Entfernung Landschaftsfotografie.“

Die Medien überschwemmen uns dauernd mit tausenden und Millionen von Bildern mit dieser Perspektive eines Smartphones. Gehen wir doch einmal deutlich näher an die Natur heran, um auch Details erkennen zu können und um aus der Oberflächlichkeit abzutauchen. Auch mit der Kamera ist das meist möglich, nahezu alle Objektive ermöglichen eine Naheinstellung mit einem Abbildungsmaßstab von 1:10 (0.1x).

„Nahbereich"

Erste Details und Elemente der Natur können wir erkennen und auch fotografieren, das ist aber noch bei weitem nicht alles. Viel weiter drin stecken noch so viel mehr Details, die man auch erforschen und entdecken kann.

„Makro-Bereich“

Die ersten Strukturen lösen sich in immer mehr Details auf, die Farben und Strukturen werden erkennbar und können die BetrachterIn genauso faszinieren wie die FotografIn selbst.

„Micro-Bereich“

Auch da ist noch nicht Schluss. Ein jedes bislang erkannte Element besitzt wiederum eine Struktur und einen Aufbau als eine kleine Welt für sich. Gehen wir mit der richtigen Technik immer noch näher heran, sehen wir eine Welt hinter der gerade noch gesehenen Welt. Das ist der Bauplan der Natur – es geht immer weiter und weiter.

Dieses Bild des Flügels eines Schmetterlings ist schon ein sehr abstraktes Bildmotiv in der Natur. Losgelöst von jedem Kontext zeigen sich vorwiegend nur noch die fotografischen Basiselemente:

  • Licht und Schatten
  • Farben
  • Linien
  • Strukturen
  • Muster
  • Kontraste
  • Wiederholungen

Fürwahr, eine vollkommen andere und neue Welt wird ersichtlich. Und das nur weil wir mit der richtigen Technik einfach nur immer näher an den Flügel des Schmetterlings herangetreten sind und damit sich der Blick auf ebendiese Details geöffnet hat.

Da will ich Sie mitnehmen und diesen spannenden Weg in diesem und in folgenden Beiträgen einmal gehen.

Augen auf – jetzt kommen die Details in der Natur!

 

Was sind die fotografischen Unterschiede zwischen diesen vier unterschiedlichen Entfernungsbereichen?

Einer der bekanntesten Tagfalter in Bayern ist vermutlich als ein Vertreter der Edelfalter das Tagpfauenauge (Schmetterling). Er ist häufig anzutreffen und seine farbenfrohe Gestalt lässt ihn auch sehr leicht erkennen und bestimmen. In diesem Beitrag möchte ich den so bekannten Schmetterling in vollkommen verschiedenen Bildmotiven fotografieren. Sehen wir einmal, wie sich die Sicht auf den Schmetterling dabei verändert.

Das ausgewachsene Tagpfauenauge an meinem Sommerfliederbaum, der auch als Schmetterlingsflieder bezeichnet wird. Von Mai bis Oktober ist das Tagpfauenauge in der Landschaft aktiv und kann sich besonders auf die modernen Formen der Landwirtschaft gut anpassen, da stickstoffreiche Böden das Wachstum der Wirtspflanze Brennnessel fördert.

 

Normale Entfernungen - Landschaftsfotografie

In der weiten Landschaft entdeckt die Fotografie eine wunderschöne Raupe und kann diese in der Form und der Struktur abbilden. Weitere Details sind kaum ersichtlich, aber dafür ist der Kontext ersichtlich – hier die Brennnesselstaude als Fress- und Wirtspflanze der Raupe.

Das Tagpfauenauge (Schmetterling) als Raupe auf Brennnessel-Blättern: Besonders eindrucksvoll, ist das Tagpfauenauge bereits als Raupe, äußerst eindrucksvoll in der tiefschwarzen Gestalt mit den eleganten weißen Punkten und Dornen am ganzen Körper. Die Raupen schützen sich auch durch ihren bevorzugten Fressplatz, die Brennnesselstauden. Da hat es jede FotografIn und jeder Fotograf schon etwas schwerer, nahe genug an die Tiere heranzukommen, um sie in der Größe von mehreren Zentimetern entsprechend abbilden zu können. Im Raupenstadium können die Raupen nicht davonfliegen und sind auch nicht besonders schnell in der Flucht – alles gute Voraussetzungen zum Fotografieren. Dazu ist eigentlich nichts Besonderes erforderlich.

In den normalen Entfernungen und fotografischen Abbildungsmaßstäben:

  • verhält sich die Fotografie so wie gewohnt
  • typische Kameras aller Typen und Konstruktionen
  • mit allen Objektiven

In diesem Entfernungsbereich werden die meisten der fast 5 Milliarden Fotos pro Tag weltweit aufgenommen und umfasst damit alle Motivbereiche und Fotogenres der Menschheit. Nur wenige Fotos werden einen größeren Abbildungsmaßstab aufweisen und die Sicht auf unsere Welt und die Natur weiter vertiefen, indem sich die FotografIn noch mehr auf die Details in dem Bildmotiv fokussieren wird.

Details und einzelne Elemente der Natur sind
größtenteils nur als ganzes Objekt im Bild zu 
erkennen. Details sind nicht erkennbar.

Fotografischer Nahbereich - Abbildungsmaßstab 1:10 (0.1x)

Um die Details in der Landschaftsfotografie und der Naturfotografie entdecken zu können, muss die FotografIn deutlich näher als üblich an das Objekt herangehen, um es damit größer im Bild aufnehmen zu können. An dem Schmetterling erkennt man schon scharf und präzise die Gestalt, die Größe, die Farben, die Muster und kann damit das Objekt einordnen.

Die sehr flugaktiven Schmetterlinge sind auch relativ scheu. Das Fotografieren im Nahbereich der Kameras erfordert keine besonderen Objektive – eigentlich. Im Bereich von Abbildungsmaßstäben von etwa 1:10 (0.1x) und größer (=näher) haben alle moderneren Objektive einen ausreichenden Nahbereich mit einer kürzeren Einstellentfernung. Die Herausforderung ist wie so oft in der Fotografie, die fotografische Abbildung mit dem Fluchtverhalten der Tiere in Einklang zu bringen. Daher sind längere Brennweiten von großem Vorteil. Ein Abstand außerhalb der Fluchtdistanz erhöht die Erfolgsquote an guten Bildern sehr. Da eignen sich die eher weitwinkeligen Smartphones eher weniger, besser sind Objektive mit längerer Brennweite.

Normale Objektive bezeichnen den Nahbereich.
oft mit der Bezeichnung Macro – auch wenn 
es nur den Nahbereich umfasst. 
Kleinere Objekte sind bereits klar zu 
erkennen und sind bildwirksam dargestellt, 
Erste Details treten in dem Bildmotiv 
bereits hervor.

Nahbereich der Fotografie und größeren fotografischen Abbildungsmaßstäbe:

  • Beginnt beim Abbildungsmaßstab von etwa 1:10 (0.1x) und reicht bis zum Makrobereich und Abbildungsmaßstab 1:2 (0.5x), oder 1:1 (1x),
  • erfordert verkürzte Naheinstellgrenzen der Objektive bei vergleichbarer Brennweite,
  • bringt objektivseitige Korrektur von Abbildungsfehlern durch spezielle Optik-Elemente, sog. „floating elements“, mit,
  • eröffnet die Schönheit der Bildmotive im Nahbereich unserer Umgebung.

Makrofotografie - Abbildungsmaßstab 1:1 (1.0x)

Eine lebensgroße Abbildung zeigt schon viele Details in der Natur. Das Muster des Schmetterlings zerfällt in ein Muster an einzelnen Farbpixeln mit jeweils klar abgegrenzten Farbflächen – daraus entsteht das bekannte Farbkleid des Tagpfauenauges.

Die Makrofotografie beginnt an den Entfernungsbereichen und Abbildungsmaßstäben, an welchen der Nahbereich eines normalen Objektivs endet. Der Makrobereich wird mit speziell dafür gebauten Objektiven fotografisch erschlossen und reicht vom Abbildungsmaßstab von 1:2 (0.5x) - der halben Lebensgröße – bis zum Abbildungsmaßstab von 2:1 (2x). Die Makroobjektive sind alle für einen Entfernungsbereich bis nach unendlich befähigt, können also alle Motive zwischen dem Horizont und der lebensgroßen Abbildungsgröße fotografisch aufnehmen.

Beim Abbildungsmaßstab von 1:1 wird ein Objekt in seiner Abmessung gleichgroß auf dem Sensor (früher auf dem Film) projiziert und bildwirksam aufgenommen. Der Abbildungsmaßstab 1:1 am Vollformatsensor bedeutet, dass das Objekt eine Abmessung von 36 x 24 mm besitzt. Ist es kleiner, wird es im Bild bereits vergrößert. Diese lebensgroße Abbildung ist der Standard im Makrobereich und der Makrofotografie. Dieser Abbildungsbereich kann in der Fotografie auch noch freihandfotografiert werden und ist bei FotografInnen überaus beliebt.

Ich verwende für diesen Abbildungsmaßstab um 1:1 sehr gerne das EOS EF 100mm f/2.8 USM Macro und das SIGMA 180mm f/3.5 APO EX HSM für größere Arbeitsabstände und den Umgang mit der Fluchtdistanz von Insekten.

Die Makrofotografie erfordert spezielle Objektive für die lebensgroße Abbildung der kleinen Details der Natur:

  • kürzere Einstellentfernungen erfordern mechanisch längere Auszüge im Objektiv,
  • speziell für den Nahbereich korrigierte Optik
  • hohes Maß an optischer Abbildungsqualität in feinen Details und der Farbwiedergabe des Objektivs,
  • deutlich verkleinerte Schärfentiefe entsprechend den Abbildungsgesetzen in der technischen Optik.

Makro-Objektive sind Spezialobjektive und haben ihren Preis, da der konstruktive Aufwand deutlich größer und gleichzeitig die Stückzahl deutlich niedriger als bei anderen Objektiven ist. Sie sind diesen erhöhten Kaufpreis fotografisch aber wert. Ein Makrobild eines Objektes begeistert jede BetrachterIn viel mehr, als tausend Schnappschüsse mit dem Smartphone. In der Makrofotografie lernt die FotografIn auch wie selbstverständlich, die Bildmotive zu vereinfachen und eine klarere Gestaltung zu praktizieren. Die deutlich verringerte Schärfentiefe wird nicht alle Bildteile gleichmäßig scharf im Foto aufnehmen können. Da ist die FotografIn gefragt.

In der lebensgroßen Abbildung gelten 
zusätzliche Gesetzmäßigkeiten, die zu 
beachtet werden. Die Sicht auf die 
Details in der Welt öffnen sich, die
Details sind bereits eigenständig im
Bildmotiv zu erkennen.

Microfotografie – extreme Makrofotografie, Abbildungsmaßstab 10:1 (10x)

Der Flügel eines Schmetterlings wird bei einem noch deutlich größeren Abbildungsmaßstab von deutlich über 10:1 (10x) aus dem Mosaik-Muster in seine einzelnen Schuppen aufgelöst. Jedes der Schuppen hat eine eigene Farbe und ist durchsichtig. Aus diesen Schuppen setzt sich das herrliche Muster auf dem Schmetterlingsflügel zusammen.
Die Natur in ihren Bestandteilen sehen und erleben.

Alles scheint anders zu sein, die Fotografie in der überlebensgroßen Abbildung ist eine ständige Herausforderung gegen die optischen Gesetzmäßigkeiten. Die Mikrofotografie beginnt jenseits der überlebensgroßen Abbildung (2:1 (2.0x) und reicht weit bis zum Abbildungsmaßstab von 20:1 (20x) heran. Diese Art der Fotografie wird fast ausschließlich noch im Studio betrieben. Darüber hinaus werden die optischen Einschränkungen zu groß werden - die Fotografie bedient sich dann anderer Techniken, die dann einfacher werden.

Für die Mikrofotografie greife ich auf analoge Lupenobjektive von OLYMPUS OM aus der analogen Fotografie zurück. Da steht ein vollständiges System für die Mikroskopie und die Fotografie zur Verfügung. OLYMPUS war ein führender Hersteller beider Optikbereiche und hat die Synergien dazwischen durch innovative Konstruktionen genutzt. So können auch heute noch bestehende Lücken bei den digitalen Systemen geschlossen werden.

Die extreme Makro- und Mikrofotografie erfordert eine erweiterte und hochgradig spezielle Ausrüstung für die überlebensgroße Abbildung der kleinsten Details der Natur:

  • Kürzeste Einstellentfernungen erfordern mechanisch noch viel längere Auszüge im Objektiv,
  • die Abbildungsgesetze drehen sich scheinbar um, das Bild wird im Objektiv vergrößert,
  • darauf sind die speziellen Lupenobjektive für den extremen Nahbereich korrigiert,
  • die scharf abgebildeten Motivbereiche sind nur noch Bruchteile eines Millimeters groß,
  • nahezu alles ist außerhalb der Schärfenebene,
  • die optisch auftretenden Beugungseffekte verändern die Abbildungsqualität bei hohen Vergrößerungen,
  • nur wenige Hersteller – manches bleibt eine fotografische Improvisation,
  • immer ein großer Mangel an verfügbarem Licht, durch die kleinen Arbeitsabstände auch noch schwer an das Objekt zu bringen,
  • Die Mikrofotografie ist eine äußerst anspruchsvolle Beschäftigung mit den allerkleinsten Dingen auf unserer Welt.
Die überlebensgroße Abbildung ist 
eine große Herausforderung und ist 
durch die optischen Gesetze begrenzt.
Die unendliche Welt der kleinsten 
Details öffnen sich, die FotografIn 
kann eine vollkommen neue Welt mit 
den schönsten Bildmotiven erschließen.
Die Schönheit der Natur liegt oft 
in ihren Details.

In zukünftigen Beiträgen werde ich weiter über die zauberhafte Welt der Mikrofotografie in meinem Micro-Studio berichten und Sie als LeserIn und als FotografIn dabei mitnehmen. Nehmen Sie sich etwas eigene Zeit für die Details in unserer Welt und in der Natur. Es lohnt sich!

 

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