Ein Blick in die Regionalausgabe SZ Fürstenfeldbruck
Der vollständige Artikel in der Regionalausgabe der Süddeutschenzeitung für den Landkreis Fürstenfeldbruck.
Schatzkammer der Natur
Paul Eschbach fotografiert im Maisacher Moos. Sein neuer Bildband ist ein eindringliches Plädoyer für den Erhalt der dortigen Tier- und Pflanzenwelt.
Von Stefan Salger
Maisach – Es gibt Parallelen zwischen der Serengeti in Ostafrika und dem Fußbergmoos in der Gemeinde Maisach. Das mag vermessen klingen. Wer sich aber hier wie dort auf die Pirsch macht, der braucht vor allem eines: viel Geduld. Außerdem Sachkenntnis und ein Quäntchen Glück. Egal, ob man Löwen und Zebras nachspürt oder seltenen Vögeln und Blindschleichen. Paul Eschbach erinnert sich noch gut an jenen Frühlingstag, als er mal wieder, das Fotostativ geschultert, im Fußbergmoos unterwegs ist. Im Grenzgraben schwimmt ein Birkenstamm im Moorwasser. Darauf
liegt, aus der Ferne kaum zu erkennen, eine Ringelnatter, die sich zu sonnen scheint. Eschbach arbeitet sich durch hohes Schilf ans Ufer. Und ihm gelingen ein paar schöne Aufnahmen mit dem Teleobjektiv. In solchen Momenten sind alle Strapazen vergessen. Zu Hause folgt beim Sichten der Aufnahmen noch ein Aha-Effekt. Die Schlange war auf der Jagd gewesen und einen am anderen Ende des Baumstamms sitzenden Frosch fest im Blick.
Auch in dem Feuchtgebiet vor der eigenen Haustür geht es also nicht nur um landschaftliche Idylle, sondern um den täglichen Kampf ums Überleben. Eschbach, Jahrgang 1965, ist studierter Wirtschaftsingenieur, der sich das Hobby Fotografie zu einem zweiten Standbein ausgebaut hat. Vor ein paar Jahren hat der Dachauer bei den Fürstenfelder Naturfototagen einen Kurs geleitet, in dem alte Industriearchitektur wie das Amper-Wasserkraftwerk in Szene gesetzt wurden. Auch über Fotodrohnen, die er selbst einsetzt. Von Drohnen aus gelingen spektakuläre Landschaftsaufnahmen hat er am Rande der großen Fotomesse an einem Stand informiert. Seit 2012 führt Eschbach Besuchergruppen in den luftfahrthistorischen und naturkundlichen Flugplatzwanderungen in Zusammenarbeit mit der Flugwerft des Deutschen Museums in Schleißheim über den historischen Flugplatz. Mehr als 30 Jahre lang hat er aber vor allem Motive im Moos gesammelt. Zusammen bilden das Fußbergmoos im Landkreis Fürstenfeldbruck und das Palsweiser Moos im Landkreis Dachau das Maisacher Moos und damit nach dem Donaumoos das zweitgrößte Niedermoorgebiet in Bayern. Eine unendliche Fundgrube für passionierte Fotografen. Sofern sie Zeit mitbringen.
Nun hat Eschbach in Kooperation mit dem Bund Naturschutz im Eigenverlag einen Bildband herausgegeben mit etwa 350 teils seitenfüllenden Abbildungen der Niedermoorlandschaft im Wechsel der Jahres- und Tageszeiten. Mit Drohnen aufgenommene Übersichtsfotos finden sich ebenso wie beeindruckende Makroaufnahmen von Libellen und Raupen. Die Bilder werden durch kurze Texte erläutert. In dem Buch mit dem Titel „Dachauer Moos, Palsweiser Moos & Fußbergmoos – Eine fotografische Entdeckung der Schönheit in der Natur, in einem teilweise renaturierten Niedermoor, im Norden von München“ findet sich auch die Aufnahme der lauernden Ringelnatter. Eschbach ist bei Wind und Wetter regelmäßig mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs. Er will explizit dazu motivieren, es ihm gleichzutun und selbst die reizvolle Landschaft zu erkunden – mit Bedacht und im Bewusstsein, dass die Reste der einst großartigen Moorlandschaft in ihrer Schönheit unbedingt erhalten werden müssen. Eschbach sieht durchaus Anlass zur Zuversicht, zeigen die vom Staat geförderten Moorschutzmaßnahmen in Form der Renaturierung und Pflege durch Bund Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz doch Wirkung.
Eine Weidenjungfer zeigt die filigrane Schönheit der Natur (von oben, im Uhrzeigersinn), eine
Ringelnatter auf der Jagd, das winterliche Moos im Abendlicht, Paul Eschbach und Idyll im Fußbergmoos.
FOTOS:PAUL ESCHBACH (4), HUBERT BAUER-FALKNER
Knapp achthundert Hektar umfasst das Projektgebiet Palsweiser und Fußbergmoos, erläutern Roderich Zauscher und Biotopmanager Heinz Gibowsky von der Dachauer BN-Kreisgruppe bei der offiziellen Buchvorstellung. Auf gut hundert Hektar hat der Naturschutz über Ankauf, Pacht, Pflegevereinbarungen und Ausgleichsflächen verschiedener Träger direkten Zugriff. Eine Zunahme des Artenreichtums gerade in den Feuchtbereichen sei mittlerweile deutlich sichtbar, sagt Eschbach.
Das Handwerk des Torfstechers geht zu Ende
Eine Spezies scheint allerdings unwiederbringlich auf dem Rückzug zu sein: die des Torfstechers. In Eschbachs Buch findet sich als Exkurs ein Abgesang auf dieses Handwerk– mit Fotos aus dem Archiv. Um die Jahrtausendwende war er bei seinen Streifzügen durch die Moorlandschaft eher zufällig auf den Bauern aus Graßlfing gestoßen, der im Frühjahr seinen alten Torfstich wieder freiräumte. Von April bis Ende September dokumentierte Eschbach, wie der als Brennmaterial genutzte Rohstoff ein letztes Mal mit archaisch anmutenden Werkzeugen abgebaut wurde. Ein altes Handwerk weniger. Pflanzen und Tiere freilich profitieren vom unberührten Lebensraum, und das Moor als Kohlenstoffspeicher kann seine Wirkung im Sinne des Klimaschutzes entfalten.